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Hans Osterhold schenkt seine mindestens 100 Jahre alte Geige der Korbacher Musikschule
Von Dr. Karl Schilling
Korbach. Das alte Kinderlied "Hänschen klein" bekommt Hans Osterhold noch aus dem Stehgreif ohne Probleme hin, aber an kompliziertere Stücke traut er sich nicht mehr heran. Zu lange hat er seine Geige nicht mehr gespielt. Und mit fast 90 Jahren wollen auch die Finger nicht mehr so flink über den Steg gleiten. Die Ohren machen ebenfalls nicht mehr richtig mit: "Ich höre die Töne nicht mehr so schön."
Und so entschied der Korbacher, sein mindestens 100 Jahre altes Instrument der Musikschule zu schenken. Gestern übergab er es an den Leiter Rainer Horn.
Die Geige hat Hans Osterhold durch ein bewegtes Leben begleitet, in dem die Musik ihren festen Platz hat. Schon als Siebenjähriger begann er, mit der Mundharmonika zu üben, an der Alten Landesschule lernte er, Bockflöte zu spielen. Später kamen Klavier und Akkordeon hinzu.
Als er neun Jahre alt war, schickte ihn sein Vater in den Geigenunterricht zum "Alten Döling" - so wurde der Postbeamte in Korbach genannt, der früher Militärmusiker war und in seinem Ruhestand Musikunterricht erteilte. Zweimal die Woche übte sich Osterhold an einer drei-Viertel-Geige in der Kunst der Griffe und der Bogenführung, auch das Notenlesen lernte er bei Döling. "Es war nicht immer so erfreulich", räumt Osterhold heute ein. Aber er hielt durch und lernte weiter. Es gebe noch ein altes Foto, berichtet er, fünf bis sechs Schüler hätten es für ihren Musiklehrer aufnehmen lassen.
Vor fast 80 Jahren gekauft
Als er zehn Jahre alt war, kaufte sein Vater von einem älteren Mann die vier-Viertel-Geige. An seinen Namen kann sich Osterhold nicht mehr erinnern, aber er weiß noch, dass er am Ascher gewohnt und die Geige etwa zehn Jahre gehabt hat. Ein Aufkleber am Boden weist die Firma Meinel und Herold aus dem sächsischen Klingenthal als Erbauerin aus. "Sie besteht bis heute" berichtet Osterhold.
Auch im Gymnasium spielte er bei den Musiklehrern Blumenstengel und Richard Wagner Geige. In der Hitler-Jugend gab es ein "Bannorchester", es musizierte bei Feiern oder vor verwundeten Soldaten, Konzerte führten die Musiker bis nach Rhoden und Arolsen und in verschiedene Dörfer. Osterhold war mit seiner Geige dabei, spielte bei der HJ aber auch Fanfare. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurden die Schüler des Jahrgangs 1927 als Flakhelfer verpflichtet, der 16-jährige Osterhold nahm seine Geige mit in die Stellungen. "Ich habe zum Beispiel bei Weinachtsfeiern gefiedelt", berichtet er. Bald darauf musste er Soldat werden.
Nach dem Krieg bildete sich der Korbacher Musikverein wieder, Leiter war Walter Döling, der Sohn des "alten Döling". Osterhold spielte mit.
An der wiedereröffneten Alten Landesschule legte er die Abiturprüfungen ab und begann ein Lehramtsstudium, er trat einem Studentenorchester bei und wirkte in einem Chor mit. "Über die zweite Geige bin ich aber nie hinausgekommen", erzählt er.Anfang der 1950er-Jahre war er zudem Leiter der Männerchöre in Rhena und Freienhagen.
Osterhold wurde Lehrer und Mitarbeiter eines Schulbuch-Verlages. Immer seltener griff er zu seiner Geige. "Irgendwann hörte es auf."
Meisterliche Töne
Fast 50 Jahre lang lag die Geige ungenutzt zu Hause in einem Schrank. Kurz vor seinem 90. Geburtstag beschloss er: "Ich gebe sie an die Musikschule weiter." Beim Radfahren und Schwimmen heiße es, wer es einmal gelernt habe, könne es das ganze Leben lang. Fürs Geigespielen gelte das nicht. Und so will er seine gute alte Geige in Hände geben, die ihr wieder meisterliche Töne entlocken.
Geige ist wieder "der Renner"
Die Spende von Hans Osterhold kommt dem Leiter der Korbacher Musikschule, Rainer Horn, gerade recht: Seit ein paar Jahren erfreue sich die Geige wieder einer größeren Beliebtheit, berichtet er.
Noch um das Jahr 2000 herum habe es kaum Nachfrage nach Geigenunterricht gegeben, doch seit etwa zehn Jahren steige die Schülerzahl wieder. An den Grundschulen sei die Geige neben der Gitarre das meistgefragteste Instrument, "das sind die Renner." Gerade Mädchen wollten das Instrument erlernen ein Grund könne die Popularität des deutsch-amerikanischen Geigers David Garrett sein, der in vielen Fernsehshows auftritt und versucht, mit unkonventionellen Aufführungen möglichst viele für die klassische Musik zu begeistern.
Osterhold ließ sein Instrument vor der Übergabe von einer Geigenbauerin aus Brilon überholen, auch der Bogen wurde dabei erneuert. Die Fachfrau schätze den Wert des Instruments auf 800 bis 1000 Euro, berichtet er.
Zunächst sei er erschrocken gewesen, dass Osterhold diese "relativ hochwertige" Geige abgeben wolle, sagt Horn. Doch Verwendung hat die Musikschule durchaus: Ältere Schüler sollen sie spielen, die mit sechs bis acht Jahren mit dem Unterricht begonnen haben und mit 13 oder 14 Jahren auf eine "ganze Geige" umsteigen. Auch Erwachsene könnten mit ihr üben. (-sg-)
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